von António Lobo Antunes
„So wie die deutsche Sage will, dass eines Tages der im Kyffhäuser schlafende Kaiser Friedrich alles zum Guten wendet, so haben die Portugiesen niemals an den Tod von König Sebastian geglaubt. Er ward zwar nicht mehr gesehen, seit er 1578 in Afrika vergebens versuchte, die Moslems zum rechten Glauben zu bringen, aber noch heute harrt das fromme lusitanische Volk seiner Wiederkehr. Antonio Lobo Antunes greift diese Legende auf, und vor dem König lässt er zunächst die bedeutendsten Entdeckungsreisenden auf ihren Karavellen den Atlantik noch einmal überqueren, um zwischen Öltankern und Flugzeugträgern auf Lissabon zuzusteuern. Pedro Alves Cabral ist unter ihnen, den es genau 500 Jahre, nachdem er Brasilien entdeckt hat, ins Rotlichtviertel verschlägt. Vasco da Gama, der als erster das Kap der Guten Hoffnung umsegelte, muss seinen Unterhalt mit kleinen Gaunereien verdienen. Und Luis de C., dem wir das portugiesische Nationalepos verdanken, beginnt seine Lusiaden auf dem Rechnungsblock eines Kellners. Alle diese Männer, die Angola, Brasilien und Mozambique für Portugal entdeckt haben, unterhalten sich mit den Menschen unserer Tage darüber, was aus den Neuen Welten geworden ist.“
(Zitat:lovelybooks)
„Die Rückkehr der Karavellen“ ist dasjenige Buch von António Lobo Antunes, das ich Interessenten als Einstieg in das Werk zuerst empfehle.
Die Abschnitte in der typisch gebrochenen Erzählweise sind – noch – verhältnismäßig lang, man kann die Zuordnung zu den einzelnen Erzählsträngen – noch – leicht nachvollziehen. Auch der Umfang ist noch überschaubar. In einigen späteren Romanen ändert sich dies recht drastisch.
Der Grundgedanke in diesem Roman ist eine Variante der Abrechnungen des Autors mit der glorifizierten Geschichte eines kleinen und sich selbst maßlos überschätzenden Landes am Rande Europas, das seine Möglichkeiten durch das Engagement in Übersee weit überspannt hatte. Die Helden der Geschichtsschreibung, Könige, Eroberer, Entdecker, kommen in diesem Roman auf ihren Karavellen, auf denen sie vor Jahrhunderten in die Welt hinaussegelten, nach Hause, als zu Beginn der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts das portugiesische Kolonialreich zerfällt, und sie finden sich in der Gegenwart des heutigen Portugal wieder. Gemessen an der Realität der Gegenwart zeigen sie sich als Hanswurste, mit denen ein Staat nicht zu machen ist, bestenfalls geeignet zur Führung eines zweifelhaften Rotlichtschuppens.
Es gibt in diesem Roman viele bizarre Bilder und Metaphern voll grimmigen Humors, von denen eine besonders sinnfällige sich wie ein running gag durch den Roman zieht: einer der Rückkehrer hat auf seiner Schiffspassage einen dicht gekalvatterten Sarg mit der Leiche seines Vaters mitgebracht. Im Verlauf des Romans wechseln mit fortschreitender Verwesung die Behältnisse, und am Ende passt der verflüssigte Rest in eine Milchflasche – die dann kurzerhand in einen Papierkorb entsorgt wird. Sic transit gloria mundi! Und diese Episodenfolge zeigt, worauf der Roman hinauswill: es geht um die Befreiung von den stinkenden Resten vergangener Herrlichkeit.“
(Zitat:belletristik-couch)